Medizin

Medizinisches Cannabis: Der deutsche Markt und seine Entwicklung

Der Markt für pharmazeutisches Cannabis in Deutschland hat seit der Legalisierung für medizinische Zwecke im Jahr 2017 eine tiefgreifende Entwicklung durchlaufen. Mit einer ärztlichen Verordnung konnten Patienten bereits in den vergangenen sieben Jahren über Apotheken und Arztpraxen verschiedene Präparate in Anspruch nehmen, die auf Cannabinoidbasis wirken.

Mit der Nivellierung des Cannabisgesetzes, die im ersten Schritt zum 1. April 2024 in Kraft trat, haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen noch einmal verändert und auch für den pharmazeutischen Gebrauch von Cannabis neue Möglichkeiten eröffnet. Mediziner sowie Apotheker erwarten, dass sich der Markt dadurch noch einmal nachhaltig verändern und eine deutliche Verlagerung eines Teilbereiches des Konsums in den medizinischen Bereich festzustellen sein wird.

Cannabinoide und ihre Anwendung im medizinischen Bereich

Pharmazeutisches Cannabis basiert hauptsächlich auf den beiden Cannabinoiden THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC ist der primäre psychoaktive Wirkstoff der Hanfpflanze und wird aufgrund seiner analgetischen und antispastischen Eigenschaften medizinisch genutzt. CBD hingegen wirkt nicht psychoaktiv, wird aber mit entzündungshemmenden, antiepileptischen und anxiolytischen Eigenschaften in Verbindung gebracht. Beide Cannabinoide wirken auf das Endocannabinoid-System des menschlichen Körpers, das eine zentrale Rolle bei der Regulation von Schmerz, Stimmung und Entzündungsreaktionen spielt.

Wissenschaftlich betrachtet wird pharmazeutisches Cannabis vor allem bei chronischen Schmerzzuständen, wie sie bei neuropathischen Schmerzen oder Krebserkrankungen vorkommen, sowie bei Spastizität aufgrund von Multipler Sklerose eingesetzt. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Cannabinoide bei therapieresistenten Epilepsien wirksam sein können. Die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Cannabinoiden werden zunehmend durch klinische Studien untermauert, auch wenn in vielen Bereichen noch weiterer Forschungsbedarf besteht. Besonders randomisierte, placebokontrollierte Studien, die die Langzeitwirkungen und Sicherheit von Cannabinoiden untersuchen, sind erforderlich, um die evidenzbasierte Anwendung von Cannabis weiter zu stärken.

Marktgröße und Umsatzentwicklung im pharmazeutischen Cannabismarkt

Seit der Einführung und Legalisierung medizinischer Cannabisprodukte 2017 hat sich der Umsatz des pharmazeutischen Cannabismarktes in Deutschland rasant entwickelt. Bereits heute gibt es in Deutschland einen starken Markt für medizinisches Cannabis. Für das Jahr 2024 wird ein Gesamtumsatz mit pharmazeutischem Cannabis von rund 490 Millionen Euro erwartet. Die Legalisierung des Anbaus, des Besitzes und des Konsums von Cannabis auch zu nicht medizinischen Zwecken wird Marktexperten zufolge für ein noch stärkeres Wachstum sorgen, als dies in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu verzeichnen war. Laut Prognosen des BfArM und enua analysis kann die Umsatzmarke von 1 Milliarde Euro für Medizinal-Cannabis bereits im Jahr 2026 überschritten werden.

Als pharmazeutische Produkte gelten nicht nur Cannabisblüten, sondern auch für den medizinischen Gebrauch daraus hergestellte Extrakte, Öle und standardisierte Präparate, die von Ärzten häufig therapiebegleitend und zur Behandlung von Symptomen verschrieben werden.

Trotz der Legalisierung des Cannabisanbaus und -konsums für den privaten Gebrauch wird der Markt für pharmazeutisches Cannabis in Deutschland stark bleiben und durch die erleichterten Zugangsbedingungen für Patienten kontinuierlich wachsen. Mit den folgenden Erleichterungen können Patienten rechnen, die zu therapeutischen Zwecken auf medizinisches Cannabis zugreifen:

  • Verschreibungspflichtiges Arzneimittel: Medizinalcannabis wird als klassisches verschreibungspflichtiges Medikament behandelt, nicht mehr als Betäubungsmittel.
  • Kein BtM-Rezept erforderlich: Die Notwendigkeit eines speziellen Betäubungsmittelrezepts entfällt, was den Zugang erheblich vereinfacht.
  • Verlängerte Gültigkeit von Rezepten: Rezepte für Medizinalcannabis verlieren ihre Gültigkeit nun nach 28 Tagen für gesetzlich Versicherte und nach 90 Tagen für Privatversicherte, anstelle der bisherigen 7 Tage.
  • Einführung von E-Rezepten: Elektronische Rezepte können die Patient Journey vereinfachen und ermöglichen eine schnelle Medikamentenzustellung durch Versandapotheken, vorausgesetzt, die technischen Voraussetzungen sind gegeben.

(Quelle: www.cannabis-aerzte.de/)

Der deutsche Markt für medizinisches Cannabis: Wichtige Akteure und ihre unterschiedlichen Ansätze

 Verschiedene pharmazeutische Unternehmen haben sich auch in Deutschland etabliert und versorgen Arztpraxen und Apotheken mit einem breiten Spektrum an Präparaten auf Cannabinoidbasis. Der wissenschaftliche und ökonomische Ansatz, den ebenjene Unternehmen verfolgen, kann sehr unterschiedlich sein und sorgt für große Vielfalt und ein beachtliches Wachstum auf dem deutschen Medikamentenmarkt.

Zu den etablierten Unternehmen am deutschen Markt für medizinische Cannabisprodukte gehört unter anderem die enua Pharma GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Köln hat sich auf die Herstellung und den Vertrieb von hochqualitativen medizinischen Cannabisprodukten spezialisiert. Alle Produkte und Präparate sind nach der Good Manufacturing Practice (GMP) zertifiziert und entsprechen damit deutschen Herstellungsrichtlinien, die Produktion erfolgt dabei in Kanada. Bereits seit seiner Gründung setzt enua auf die Cannabis-Qualität der Kanadier, die in diesem Bereich als wichtigster Export-Partner Deutschlands gelten. Diese Strategie scheint aufzugehen, das Kölner Scale-Up zählt mittlerweile zu deinen drei größten Herstellern von Medizinalcannabis in Deutschland. Das Pharmaunternehmen konzentriert sich auf die Kooperation mit Apotheken und Arztpraxen und informiert über die Nutzungsmöglichkeiten von medizinischem Cannabis. Auch Privatpersonen mit ärztlicher Verordnung können die zertifizierten Produkte im Online-Shop von enua erwerben. Für die Herstellung kooperieren die Kölner mit internationalen Produzenten und Lieferanten und legen Wert auf höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

Canify Pharma ist ein weiteres Pharmaunternehmen, welches den deutschen Markt für medizinisches Cannabis prägt. Der Fokus des Herstellers ist der Vertrieb hochwertiger und nach neusten technologischen und pharmazeutischen Erkenntnissen gefertigten Cannabisprodukten an Apotheken. Dabei steht der Patient mit seinen individuellen Therapieanforderungen im Zentrum.

Unterstützt wird dies durch das spezialisierte Geschäftsmodell „Canify Clinics“. Das Konzept verknüpft die modernen Möglichkeiten der Telemedizin mit der persönlichen Betreuung durch spezialisierte Fachärzte. Patienten können nach der Registrierung sowie nach einem kurzen Anamneseprozess direkt an geeignete Fachärzte vermittelt werden. So möchte das Pharmaunternehmen Patienten auf den ersten Schritten zu einer unterstützenden Cannabistherapie begleiten. Die hochwertigen Technologien, wissenschaftlichen Grundlagen und vollständig kontrollierten Abläufe erzeugen Produkte auf Cannabinoidbasis, die auf optimierte Therapieansätze und individuelle Therapien ausgerichtet sind. Damit soll Medizinalcannabis nicht als Massenprodukt, sondern als spezifische Begleittherapie nach individuellen Patientenbedürfnissen zur Verfügung gestellt werden.

Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes auf den pharmazeutischen Markt

Im Jahr 2024 wurde in Deutschland ein umfassendes Gesetz zur Legalisierung des Anbaus und Konsums von Cannabis auch für den privaten Gebrauch vorgestellt. Zunächst führte die Legalisierung zu einer Entlastung des pharmazeutischen Marktes von Patienten, die zuvor Cannabisprodukte zur Selbstmedikation illegal oder über den medizinischen Markt bezogen hatten. Die Umverteilung des Konsumverhaltens auf den Markt für nicht medizinisches Cannabis bringt eine bessere Differenzierung der Patientengruppen im medizinischen Bereich mit sich. Dadurch kann sich der pharmazeutische Markt stärker auf Patienten fokussieren, die spezielle Präparate auf Cannabinoidbasis zur Unterstützung einer medizinischen Therapie benötigen.

Darüber hinaus haben die Gesetzesänderungen 2024 auch den Zugang zu pharmazeutischem Cannabis für Patienten vereinfacht. Die bürokratischen Hürden für die Verschreibung wurden gesenkt, und die Zahl der Ärzte, die Cannabisprodukte verschreiben, ist gestiegen. Das führt zu einer deutlichen Entspannung im Bereich des medizinischen Cannabis. Gleichzeitig hat die Einführung klarer Richtlinien und Standards zur Qualitätssicherung dafür gesorgt, dass die verfügbaren Produkte durchgängig eine hohe Qualität aufweisen und medizinische Therapieansätze bestmöglich begleiten können.

Ein Blick in die Zukunft

Der deutsche Markt für pharmazeutisches bzw. medizinisches Cannabis befindet sich in einem ständigen Wandel, der sowohl durch wissenschaftliche Fortschritte als auch durch regulatorische Entwicklungen geprägt ist.

Gleichzeitig zeigt sich, dass der Bedarf an gut erforschten, qualitativ hochwertigen Produkten weiterhin groß ist. Mit einem prognostizierten Umsatzwachstum und der fortgesetzten wissenschaftlichen Forschung ist zu erwarten, dass pharmazeutisches Cannabis in Deutschland in Zukunft eine noch zentralere Rolle im Gesundheitswesen spielen wird.

 

Beitrag verfasst von: Jennifer Hubner

Titelbild: © Pixabay, Erin_Hinterland Die Gesetzesänderung 2024 eröffnet neue pharmazeutische Möglichkeiten.

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Marlene

Marlene ist seit 25 Jahren Fotografin und Künstlerin. Ihre Leidenschaft für Sprachen und interkulturelle Kommunikation entwickelte sie durch internationale fotojournalistische Arbeiten. Heute nutzt sie ihre weitreichende Erfahrung auch als Korrekturleserin und übersetzt journalistische Artikel vom Französischen ins Deutsche. Marlene stellt sicher, dass jeder Text seine Authentizität bewahrt und an die sprachlichen sowie kulturellen Besonderheiten des deutschsprachigen Publikums angepasst wird.

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